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Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia



Land: USA
Laufzeit: 138 Minuten
FSK: 6
Starttermin: 8. Dezember 2005

Genre: Fantasy

Regie: Andrew Adamson
Drehbuch: Ann Peacock, Andrew Adamson, Christopher Markus, Stephen McFeely
Darsteller: William Moseley, Skandar Keynes, Anna Popplewell, Georgie Henley, Tilda Swinton, James McAvoy, Jim Broadbent, James Cosmo, Patrick Kake, Shane Rangi, Elizabeth Hawthorne, Kiran Shah
Kamera: Donald M. McAlpine
Schnitt: Sim Evan-Jones, Jim May
Musik: Harry Gregson-Williams








Große Hoffnungen ruhten auf den "Chroniken von Narnia", basierend auf dem sieben Bände umfassenden Zyklus von Autor C.S. Lewis. So sahen viele darin bereits den legitimen "Herr der Ringe"-Nachfolger, doch das ist er nicht. Inhaltlich existieren vielleicht einige Parallelen (Sauron/Die weiße Hexe; die Hobbits/die vier Kinder), aber der Vergleich hinkt aus einem anderen Grund: "Narnia" ist um einiges schlechter.

Nicht verwirren lassen, wenn der Film mit einer Fliegerstaffel beginnt, die durch den grauen Himmel rast und Bomben abwirft - ihr seid im richtigen Film. Denn dieser spielt zu Zeiten des zweiten Weltkrieges und beginnt mit der Flucht der vier Pevensie-Kinder vor eben diesem. Im Einzelnen hätten wir da Peter (William Moseley), der glaubt, die Rolle des im Krieg kämpfenden Vaters einnehmen zu müssen, Susan (Anna Popplewell), die ältere Schwester, Edmund (Skandar Keynes), der genau genommen immer nur Ärger macht, und die kleine Lucy (Georgie Henley), die die ganze Geschichte erst so richtig in Gang bringt. Denn beim Verstecke spielen im Haus eines alten Professors entdeckt sie einen Schrank, der zugleich die Tür in eine andere Welt darstellt: nach Narnia. Dort herrscht seit 100 Jahren Winter, denn das Land befindet sich unter der Herrschaft der bösen weißen Hexe Jadis (Tilda Swinton). Das Erscheinen der vier Kinder löst ganz unterschiedliche Reaktionen aus, denn während die Hexe alles darin setzt, sie zu beseitigen, scheint sich für die Unterdrückten damit eine alte Prophezeiung zu erfüllen. Von diesen Kindern hängt das Schicksal Narnias ab. Gemeinsam mit Aslan, dem Löwen, ziehen sie in den Krieg gegen Jadis und ihre Armee.

Bei allem Wohlwollen: "Narnia" bietet gar nicht erst die Gelegenheit, sich mit dem Film richtig anzufreunden. Von Beginn an wird mit Dramatik und vor allem Tragik nicht gespart, doch leider wirkt beides sehr aufgesetzt. So erzählt Lucy ihren Geschwistern von Narnia, wird daraufhin jedoch gleich so behandelt, als hätte sie eben jemanden umgebracht. Ebenso erstaunlich ist die erste Reaktion jedes der Kinder, nachdem sie Narnia betreten haben. Wer in einen Schrank geht und plötzlich in einer anderen Welt landet, sollte sich doch normalerweise in den Arm kneifen, an seinem Geisteszustand zweifeln oder erst einmal eine Stunde ungläubig mit offenem Mund herumstehen. Nicht so in diesem Film. Da entschuldigt sich Peter nach ein paar Sekunden bei seiner kleinen Schwester, dass er ihr nicht geglaubt hat, und weiter geht's. Oder nehmen wir mal das Verhalten von Edmund unter die Lupe. Was würdest du tun, wenn sich dir eine Person als Königin vorstellt, du aber wenige Zeit später erfährst, dass es sich um eine Hexe handelt, die ein Land unterworfen hat, das du durch einen Schrank betreten hast? Richtig, du gehst zu ihrem Schloss, das sich zudem meilenweit entfernt befindet. Schließlich verteilt die nette Frau türkischen Honig und wen stört es da schon, was sie getan hat und was sie ist.

Doch es darf sich noch weiter geärgert werden. Warum beispielsweise tötet niemand die böse Hexe, als sie zu Besuch ist und sich die ideale Gelegenheit bietet? So etwas gehört sich halt einfach nicht, schon klar. Und als sie auftaucht, erzählt sie etwas über irgendwelche Rechte, die ihr zustehen. Worte der Person, die Narnia unterdrückt - na aber sicher doch. Ganz geschickt handhabt es auch einige Male Regisseur Andrew Adamson, der immer dann wegblendet, wenn irgendetwas vor sich geht, was im Grunde halt nicht geht. Zum Beispiel Lucy, die von Wölfen, der Polizei Narnias, umzingelt ist, aber es trotzdem schafft, sich ein mehrere Meter entferntes Horn zu schnappen, um Hilfe zu rufen und auf einen Baum zu klettern. Der Zuschauer sieht nur, wie sie mit einem Handtuch nach dem Horn wirft (?), dann wechselt die Kamera zu Peter, der es hört, und anschließend hat es sich Lucy auch schon auf einem Baum bequem gemacht, um sich vor den Wölfen in Sicherheit zu bringen. Und warum zeigt Adamson nicht, wie sie es dorthin geschafft hat? Vermutlich weil er dann hätte zeigen müssen, wie die Wölfe ein paar Sekunden dumm rum stehen und sich wohl denken "Ich könnte sie mir jetzt eigentlich schnappen, aber irgend etwas hindert mich daran. Vielleicht das Drehbuch?".

Am Ende stellt man sich dann schließlich noch die Frage nach der Daseinsberechtigung der vier Kinder, die zuvor vom Weihnachtsmann mit Waffen ausgerüstet wurden und der auf die Frage "Ich dachte, Krieg sei etwas Schlimmes?" keine Antwort findet. Die Kinder tauchen auf, können auf Anhieb ganz toll Pfeil und Messer schießen und Peter zieht dann sogleich als Anführer in die Schlacht und reitet voran. Wenn er dann noch fragt "Wirst du mir folgen?" und als Antwort "Bis in den Tod" erhält, bleibt nichts anderes übrig, als sich im Kinosaal vor Schmerzen zu winden. Der Aufbau der Charaktere ist einfach zu schlecht, als dass man ihnen abkaufen könnte, dass sie die Rettung Narnias sind. Peters Charakter wird beispielsweise dadurch gefestigt, dass er einen Wolf besiegt - der ihm ins Schwert gesprungen ist. Ohne Worte. Die Dialoge sind des Öfteren zum Davonlaufen, regen aber immer mal wieder zum Lachen an - natürlich weil sie unfreiwillig komisch sind.

Bisher wurde nur gemeckert und das geht auch weiter so. Adamson weiß mit seiner Arbeit nicht zu überzeugen, wenn es wirklich drauf ankommt. Da findet eine Verfolgungsjagd zwischen der Hexe und den Kindern auf einer riesigen Eisfläche statt. Da bieten sich doch alle möglichen Kameraperspektiven und -fahrten an, beispielsweise aus der Vogelperspektive, um zu zeigen, wie die weiße Hexe immer mehr aufholt und dass es richtig eng wird. Aber nein. Stattdessen endet diese Szene in einer weiteren Lächerlichkeit. Ebenso lächerlich gerät der Film immer wieder, wenn er plötzlich mit irgendwelchen Erklärungen aufwartet für sich eben Ereignetes. Man will sich nur an den Kopf fassen. Nein, man will nicht, man tut es.

Doch nun Achtung! Selbst "Narnia" hat seine Momente, genauer genommen einen Moment, der wirklich großartig ist. Wenn sich die beiden Armeen in der Schlacht gegenüber stehen und aufeinander zu rasen, dann kommt richtig Stimmung auf, dann fährt auch Komponist Harry Gregson-Williams die ganz großen Geschütze auf. Wenn dann beim direkten Aufeinanderprall der Feinde die Musik plötzlich ganz verstummt, kann man sogar von einem kleinen Gänsehautmoment sprechen. Doch dann wird die eben aufgebaute Stimmung mit einem Schlag zerstört, da ein völlig unpassender Szenenwechsel stattfindet. Der ist zwar wichtig für die Handlung, aber praktisch der Todesstoß für den Film. Wie kann man denn bloß erst eine unbehagliche Stimmung für die bevorstehende Schlacht aufbauen und diese dann, Sekunden nachdem sie so richtig beginnt, mit einem Schlag zerstören? Da fragt man sich, ob es überhaupt beabsichtigt war, hier einen guten Film abzuliefern. Einzig wirklich gelungen ist Narnia, eine wunderbare Welt.

Die Kinderdarsteller hingegen sind es nicht. Für einen Film dieses Ausmaßes ist es unbegreiflich, dass man nicht vier bessere Darsteller finden konnte. Jedes der Kinder ist im Grunde auf einen Gesichtsausdruck reduziert: Peter guckt ungläubig, Susan skeptisch, Edmund sauer und Lucy in freudiger Erwartung. Es verdient Respekt, diese Gesichtsstarre zwei Stunden lang durchzuhalten, denn Ausdrücke der Trauer, Angst oder des Erstaunens, die ab und zu verlangt sind, werden einfach ignoriert. Da eben diese vier Kinder fast die einzigen menschlichen Darsteller sind und somit kaum kompensiert werden können, liegt hier ganz sicher ein weiteres Problem und erklärt, warum der Film nicht funktioniert. Die Schau wird ihnen ganz klar von Tilda Swinton gestohlen, die zwar genau genommen die ganze Zeit über auch nur böse dreinguckt, aber immerhin eine ungeheure Präsenz aufzuweisen hat, so dass es nicht schwer fällt, ihr das "Böse" abzukaufen. Ansonsten wird das Bild größtenteils durch alle möglichen animierten (Fantasy-)Figuren bestimmt und - im Gegensatz zur Meinung vieler anderer - sind es nicht die schlechten Animationen, die den Film ruinieren. Klar, der Löwe gibt sich für einen Film dieser Größenordnung peinlich oft als dem Computer entsprungenes Wesen zu erkennen, aber der Rest ist doch ganz gut gelungen. Einige Gestalten sehen etwas merkwürdig aus, aber an deren Animation lässt sich kaum etwas bemängeln - hier wurde ganz gute Arbeit geleistet.

Nun dürfte alles gesagt sein. Vielleicht liegt es an der Vorlage, die schon solch hirnrissige Passagen enthält, vielleicht liegt es am Drehbuch (an dem gleich vier Autoren arbeiteten), beziehungsweise an der Tatsache, dass für die Handlung wichtige Passagen einfach herausgekürzt werden mussten und vieles deswegen nicht sonderlich gut rüberkommt - ich weiß es nicht. Doch jüngst wurde mit "Harry Potter und der Feuerkelch" bewiesen, dass sich auch ein mittelmäßiges Buch toll umsetzen lässt - mit der Unterstützung talentierter Schauspieler. "Narnia" jedenfalls ist der große Blockbuster-Reinfall zum Jahresende und wenn die übrigen Bände in ähnlicher Qualität umgesetzt werden, stehen uns noch weitere Qualen bevor. Natürlich kann man auch einfach zu Hause bleiben, was im Falle dieses Teils außerordentlich ratsam ist.



Note: 4-



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