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Troja



Land: USA
Laufzeit: 162 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 13. Mai 2004

Genre: Historien-Drama

Regie: Wolfgang Petersen
Drehbuch: David Benioff
Darsteller: Brad Pitt, Eric Bana, Orlando Bloom, Diane Kruger, Brian Cox, Sean Bean, Brendan Gleeson, Peter O'Toole, Rose Byrne, Saffron Burrows, Julie Christie, Garrett Hedlund
Kamera: Roger Pratt
Schnitt: Peter Honess
Musik: James Horner








Ein Regisseur Namens Wolfgang Petersen; zwei Darsteller Namens Brad Pitt und Eric Bana; eine der interessantesten Geschichten der Menschheit, die ja nun wirklich jede Menge Stoff für unterschiedlichste Interpretationen der Thematik bietet. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen - und anschließend den Film begutachten und sich fragen, wie es bei diesen idealen Voraussetzungen bloß zu solch einem miserablen Ergebnis kommen konnte.

Die Story dürfte den Meisten sicherlich in groben Zügen bekannt sein: Vor etwa 3200 Jahren gab es einmal einen griechischen König, Agamemnon (Brian Cox), der mächtig sauer war, als sich der junge trojanische Prinz Paris (Orlando Bloom) mit seiner Gemahlin Helen (Diane Kruger) davonmachte, nachdem die beiden Völker eben noch Frieden geschlossen hatten. Kurzerhand fasst er den Entschluss, 1000 Schiffe Richtung Troja zu schicken, um sich für diese Schmach zu rächen; mit an Bord: Achilles (Brad Pitt), ein junger, scheinbar unbesiegbarer Krieger, dessen einzige Motivation zu kämpfen darin liegt, seinem Namen die Unsterblichkeit zu verleihen, so dass man sich an ihn noch viele Jahrtausende nach seinem Tod erinnern möge. Dass es schon seit geraumer Zeit niemandem gelungen ist, die Mauern Trojas zu durchbrechen, scheint den Griechen jedoch noch nicht zu Ohren gekommen zu sein und so endet auch ihrer erster Anlauf in einem Desaster, gefolgt von einem Rückzug. Die trojanische Armee, angeführt von dem ehrenwerten Hector (Eric Bana), erweist sich als äußerst kampfstark und führt seine Angriffe perfekt koordiniert aus. Doch der Krieg der beiden Völker findet in dieser Schlacht natürlich noch nicht sein Ende…

"Troja" ist keine historische Dokumentation. "Troja" ist auch kein krachender Actionfilm. Und "Troja" ist ganz sicher auch kein episches Drama. "Troja" ist ganz einfach nur langweilig und stellenweise richtig peinlich. Das Hauptproblem ist die schiere Teilnahmslosigkeit, mit der man das gesamte Geschehen verfolgt. Für eine der beiden Parteien Sympathien zu entwickeln, fällt deswegen so schwer, weil ihre jeweiligen Rechtfertigungen für die Angriffe auf das gegnerische Volk dermaßen schlicht begründet sind - zu Beginn ist es der Ärger eines alten Mannes, dass sich seine Frau von einem Jüngeren hat verführen lassen und der Gegenangriff der Trojaner begründet sich darauf, dass es die Götter (mal wieder) gut meinen; die Hinweise Hectors, dass man den Gegner nicht unterschätzen sollte, so wie es die Griechen zuvor taten, finden dabei überhaupt keine Beachtung. Und dafür, dass man aus seiner Objektivität nicht hervortreten kann, wird einem einfach zu oft vorgeschrieben, wer in bestimmten Momenten die Guten und wer die Bösen sein sollen. Oder ließe es sich anders interpretieren, dass die Trojaner die Griechen zurückdrängen, während im Hintergrund triumphale Musik zu vernehmen ist?

Der Film versagt allerdings nicht nur darin, seine Zuschauer zumindest in Zwiespälte bezüglich der Sympathien gegenüber den Völkern zu versetzen, sondern auch darin, einzelne Charaktere mit Leben zu füllen, dabei ist vorhandenes Potential ja gar nicht mal zu leugnen. Achilles ist ein arroganter, selbstgefälliger Übermensch, der zunächst wehrlose Priester töten lässt, dann aber Gefühle gegenüber einer Frau entwickelt - wahrscheinlich ist er noch der komplexeste Charakter, aber ihn und den Zuschauer trennt eine unüberwindbare Distanz. Dass Agamemnon auf irgendeine Weise sympathisch wirken soll, sieht das Drehbuch nicht vor. Auf der Gegenseite haben wir den jungen Paris, auf den der ganze Schlammassel überhaupt zurückzuführen ist, und Helen, angeblich die bezauberndste Frau der Welt… Der trojanische König Priam vertraut halt lieber auf die Götter, als auf den weisen Rat seines ältesten Sohnes, welcher wiederum die einzige wirkliche Identifikationsfigur in diesem Film darstellt. Dessen war man sich jedoch offenbar nicht bewusst, so dass der Film mit seinem Tod endgültig an Qualität verliert. All diese Tatsachen mit der historischen Genauigkeit zu begründen, wäre schlichtweg irrsinnig, denn genau diese kommt im gesamten Film des Öfteren zu kurz, in etwa wenn der Krieg von mehreren Jahren auf wenige Tage geschrumpft wird. Und auch die allmächtigen Götter werden zwar immer wieder erwähnt, die Gründe des Vertrauens in sie dem Zuschauer jedoch nicht ausreichend vermittelt.

Die Ursachen für die enorme Gleichgültigkeit gegenüber den Charakteren liegt ganz klar in teilweise unerträglich dämlichen Dialogen; zudem wirken diese manchmal sehr gehoben, manchmal jedoch auch sehr simpel - hier fehlt eindeutig eine klare Linie. Zusätzlich wiederholen sich einige Szenen in ihrem Sinn gelegentlich, beziehungsweise ergeben diesen erst gar nicht. Ein weiteres Ärgernis, auch wenn dieses nur einen geringen Stellenwert einnimmt, aber eben hervorragend in eine Reihe voller Ärgernisse passt, zeigt sich darin, dass "Troja" nicht 1:1, aber sinngemäß des Öfteren von dem deutlich besseren "Gladiator" abkupfert. Zunächst wirkt es noch wie Einbildung, doch wenn Paris seiner Helen ein "Wir werden zusammen sein. In dieser Welt oder der Nächsten" mit auf den Weg gibt, erinnert das sehr stark an "In diesem Leben oder dem Nächsten", die grimmigen Worte eines gewissen Maximus, genial verkörpert durch Oscar-Preisträger Russel Crowe.

Doch die Mängelliste ist leider noch länger: Die einzelnen Kämpfe innerhalb der Schlachten zeugen nicht unbedingt von Realismus; geschnitten wurde stellenweise einfach zu häufig, wobei das total verkorkste "King Arthur" (die FSK12-Kinoversion) in dieser Beziehung im Jahre 2004 wohl unerreicht geblieben ist; der Abspann wird nicht von epischer Musik begleitet, sondern einem Stück, das eher danach klingt, einem Disney-Zeichentrickfilm entsprungen zu sein; und letztendlich versagt auch die Tricktechnik das eine oder andere Mal, soll heißen: Es zeigt sich nur allzu deutlich, an welchen Stellen der Computer nachgeholfen hat. Im Gegenzug darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass "Troja" durch generell sehr gut inszenierte Schlachten, welche ganz klar die Momente des Films darstellen, die genießbar sind, stimmigen Sound, gute Kameraarbeit und tolle Kulissen überzeugt. Tatsächlich gibt es ein paar Szenen, bei denen die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass dem einen oder anderen kurz die Kinnlade runterklappt. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Achilles auf seine Gegner zu rennt und durch die Lüfte springt, wenn Tausende von griechischen Kriegern in die Massen trojanischer Krieger hineinrennen und die Kamera hierbei förmlich jeden Zusammenstoß brillant einfängt, oder auch wenn diese ebenso brillant einen kurzen Überblick über das gesamte Schlachtfeld gewährt, und ganz bestimmt auch, wenn die "Operation: Trojanisches Pferd" abläuft, die Griechen die Tore öffnen und ihr gesamtes Herr bei Nacht, kaum sichtbar, zu Tausenden auf das offene Tor zuströmt, was dem Zuschauer in diesem Moment keinen Zweifel daran lässt, dass dieser Krieg entschieden ist. Mehr davon wäre wünschenswert gewesen, aber "Troja" beschränkt sich oftmals auf seine inneren Werte, welche leider vollkommen auf der Strecke bleiben.

In Anbetracht der begrenzten Entfaltungsmöglichkeiten fällt es etwas schwer, die schauspielerischen Leistungen zu beurteilen. Eines steht fest: Die einzige wirklich akzeptable Darbietung liefert Eric Bana ("Hulk") ab, der aber eben das Glück hat, den einzigen etwas tiefgründigen Charakter erwischt zu haben. Brad Pitt gehört zu den wirklich großen Schauspielern, doch mit der Rolle des Achilles tut er sich keinen Gefallen. In den Schlachten zeigt er die nötige Aggressivität, Leidenschaft, ja Übermenschlichkeit, um zu verdeutlichen, dass dieser Krieger kaum bezwingbar ist, doch in seinen Dialogen legt er eine ungewöhnliche Blässe und Emotionslosigkeit an den Tag. Dies liegt wohl vor allem daran, dass ihm das Drehbuch einfach keine größeren Spielräume bietet. Im Vergleich zu Orlando Bloom und Diane Kruger könnte man seine Darbietung jedoch locker als Oscar-verdächtig beurteilen. Was diese beiden hier abliefern, ist eine einzige Frechheit. Kaum bestreiten sie zusammen eine Szene, wird das Zuschauen zur echten Qual. Das ist es also - unser neues deutsches Exportprodukt für Hollywood. Dann vielleicht doch lieber noch einmal nachsehen, ob nicht vielleicht ein Darsteller aus unseren unterirdischen Soaps besseres Talent aufweist.

Das also ist "Troja". Ein Film, der annähernd 200 Millionen Dollar gekostet hat. In Asien wäre dieses Geld in diesen Tagen vermutlich besser aufgehoben und uns diese riesige Enttäuschung erspart geblieben. Zu keiner Sekunde entsteht wirklich so etwas wie Spannung; pures Desinteresse beherrscht das Geschehen. Somit darf man "Troja" nachträglich als einen der größten Flops des vergangenen Kinojahres einstufen und Roland Emmerich dazu gratulieren, mit seinem ebenfalls keineswegs genialen, aber zumindest unterhaltsamen "The Day After Tomorrow" den direkten Vergleich der beiden deutschen Regisseure für sich entschieden zu haben.



Note: 4-



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