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2001 - Odyssee im Weltraum



Land: Großbritannien
Laufzeit: 149 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 11. September 1968

Genre: Science-Fiction

Regie: Stanley Kubrick
Drehbuch: Stanley Kubrick, Arthur C. Clarke
Darsteller: Keir Dullea, Gary Lockwood, William Sylvester, Daniel Richter, Leonard Rossiter, Margaret Tyzack, Robert Beatty, Sean Gregory Sullivan, Alan Gifford, Glenn Beck, Ann Gillis, Ed Bishop, Bill Weston
Kamera: Geoffrey Unsworth, John Alcott
Schnitt: Ray Lovejoy
Musik: Aram Khatschaturian, Richard Strauss, Johann Strauß, György Ligeti








Der Film zeigt die Entwicklung der Menschheit im Bezug auf seine technologischen Errungenschaften - vom Anbeginn der Zeit bis in die ferne Zukunft, in der der Mensch beginnt, das All zu kolonialisieren. Im Mittelpunkt steht der Astronaut Dave Bowman (Keir Dullea), der mit der "Discovery", einem gigantischen Raumschiff, und seinem künstlichen Herz "HAL 9000" zum Jupiter fliegt. Der Grund dafür ist ein geheimnisvoller Monolith, der auf der Mondstation "Clavius" gefunden wurde. Der Fundort war der Mondkrater "Tycho", TMA-1 - auch "Tycho Magnetic Abnormaly" genannt. Die Bezeichnung daher, weil eben dieser Monolith ein geheimnisvolles Signal Richtung Jupiter sendet. Dieses soll Bowman nun untersuchen. Doch seine Reise führt ihn ganz woanders hin...

Aus inhaltlichen Gründen und der Übersicht wegen habe ich die Kritik in die Hauptteile des Films gespalten, da sie einfach zu viele Interpretationsmöglichkeiten bietet, die hier nie Platz finden würden und auch nie finden sollen. Ich gehe hier auf die offensichtlichsten Punkte des Films ein; jene, die am Deutlichsten zum Zuschauer durchdringen, obwohl diese Thematik endlos ausgeweitet werden könnte.


1. The Dawn of Man - Der Morgen der Menschheit

Gezeigt wird hier die prähistorische Steinzeit: Felsgestein; Steppen; warmes und unwirtliches Klima; die natürliche Auslese ist im vollem Gange; die einzelnen Tierarten, ob Fleisch- oder Pflanzenfresser, setzen sich durch. Darunter auch der erste steinzeitliche Mensch. Noch muss er um jede Mahlzeit kämpfen - jedoch im Kollektiv. Sie alle gehören einem Clan - einer Familie - an, müssen zusammenhalten - nur so ist ihr Überleben auf lange Zeit gesichert. Erste soziale Beziehungen entstehen. Man hilft sich gegenseitig; unterstützt sich. Gerade das ist nötig; so hat man doch noch viele Feinde und steht noch lange nicht an oberster Stelle der Nahrungskette. Noch hat der Clan keine Macht; muss Nahrung mit Artgenossen und Tapiren teilen, die vornehmlich noch aus Pflanzen besteht. Dies geht immer so weiter. Tag für Tag, immer und immer wieder. Gezeigt wird das durch lange Einstellungen der Landschaft und Lebewesen - der steinzeitliche Alltag. Eines Morgens endet dieser abrupt: Ein geheimnisvolles Relikt - ein Monolith - taucht vor der Höhle der Menschenaffen auf. Groß, schwarz und mit offensichtlich mystischer Wirkung auf alles um ihn herum - so auch auf den Clan.

Dies bemerkt zunächst nur ein Einziger der Gruppe - wir nennen ihn mal Mondschauer ("Moonwatcher"). Er berührt den Monolithen mit anfänglicher Skepsis, bis es alle machen, wodurch dieser die Wichtigste aller Eigenschaften auf diese Lebewesen überträgt: die Intelligenz, das Wissen. Seine Anwendung findet es erstmals, als Mondschauer ein Skelett und dessen Knochen untersucht. Interessiert spielt er mit ihm herum; untersucht ihn. Der Stein des Anstoßes kommt ins Rollen, "Also sprach Zarathustra" ertönt, aus Knochen wird Werkzeug, aus Werkzeug wird Waffe. Seltsam hier, dass Kubrick den Knochen als monumentalen Anfang der Zivilisation zu nehmen scheint. Nicht das erste Feuer, sondern eben der Knochen, auf dem sich alles andere aufbaut - eine durchaus eigenwillige Ansicht. Mondschauer zerstört anschließend mit der ersten Handlung, der Gewalt, das Skelett und als Letztes den Schädel - den Schädel eines Tapirs. Eine Bilderfolge wirkt auf den Zuschauer ein: aus Skelett wird lebendes Tier, das erbeutet wird. Mondschauer macht sich das erste Mal seiner Umwelt Herr: Er beginnt zu jagen; Rangordnungen zu bilden: Rivalitätskämpfe inner- und außerhalb des Clans (hier eine spätere Metapher auf Kriege, Weltordnung und technologischen Fortschritt). In einer Siegerpose wirft Mondschauer sein Werkzeug, den Knochen, in die Luft. Die Kamera folgt diesem - mit einem revolutionären Schnitt der Filmgeschichte.


2. TMA-1 Tycho

Der Knochen fliegt und fliegt und fliegt. Nach Ende des Schnitts wird er zum Raumschiff, das den Orbit der Erde umkreist. Wir befinden uns also im All und die Menschheit ist an dem vorläufigen Zenit ihrer Entwicklung angelangt - vom einfachen Knochen zur alles beherrschenden Technik. Das All ist von Menschenhand kolonialisiert; Raum- und Mondbasen wurden errichtet. Gezeigt wird der ästhetische Tanz der Raumschiffe und Stationen. Dazu ertönt "An der schönen blauen Donau" von Johann Strauss. Dies ist eine der schönsten Passagen von "2001". Wie kaum ein anderer vermochte Kubrick Bild und Ton zu synchronisieren - für die damalige Zeit eine Revolution der Filmtechnik. Hier verdeutlicht der Film erstmals seinen künstlerischen Aspekt - die Verschmelzung von Ton und bewegten Bildern. Dr. Heywood Floyd (William Sylvester) befindet sich auf dem Weg zu einer Mondbasis Namens Clavius. Folgende Sequenzen sind unglaublich detailliert gefilmt. Detailliert sind vor allem die Raumschiffe und ihr Interieur. Es sprüht hier nur so von technischen Innovationen und kleinen interessanten Details. Von der Weltraumtoilette bis zur Schwerkraft erzeugenden Zentrifuge ist alles dabei.

Gezeigt werden erstmals die, damals wie heute noch, verblüffenden Tricks; alles ohne Mitwirken von Computertechnik. Ausschließlich Filter und optische Täuschungen kommen hier zum Einsatz. Davon merkt der Zuschauer jedoch fast nichts. Dr. Floyd unterrichtet eine Kommission von Wissenschaftlern von einem Monolithen, der im Mondkrater Tycho entdeckt wurde. Erstmals wird hier im Film gesprochen! Der Doktor begibt sich mit der Kommission zu dem besagten Krater. Als sie ein Gruppenfoto vor dem Monolithen machen wollen, sendet dieser ein unglaublich starkes Signal aus.


3. Jupiter-Mission... 18 Months Later

Dieses Signal zeigt Richtung Jupiter. Wieder einmal muss sich die Menschheit ihrem Forscherdrang ergeben. Die Folge: Eine Mission zur Erforschung des Signals beginnt. Der Jupiter soll erforscht werden. Wie? Mithilfe des Forschungsraumschiffes "Discovery", deren Besatzung Dave Bowman (Keir Dullea) und Frank Poole (Gary Lockwood), drei weiteren Wissenschaftlern und der neuesten Errungenschaft der Menschheit: der Supercomputer "HAL 9000", der gleichzeitig das Gehirn der "Discovery" bildet. Hier zeigt sich am Stärksten die Beziehung zwischen Mensch und Technik. Der Mensch ist auf sie angewiesen; kann ohne sie nicht überleben. Sie ist allgegenwärtig und sorgt so für das Überleben der Spezies Mensch. Diese ist nur noch emotionslos und spult ihr auferlegtes Wissenschaftsprogramm ab - Tag ein, Tag aus. Für menschliche Regungen bleibt keine Zeit. Kubrick zeigt dies so emotions- und schonungslos, dass sich der Zuschauer eher mit "HAL 9000" identifiziert als mit dem ihm unterstellten Menschen. Kubrick gab ihm eine menschliche Stimme und markante Freundlich- und Herzlichkeit - jene Regungen, die seine Schöpfer schon längst abgelegt haben. Dies ist ein weiteres zentrales Thema von "2001" - beängstigend dargestellt. "HAL 9000" gibt vor, perfekt zu sein; sich nie zu irren; makellos; so wie der Mensch nie zu sein vermochte.

So wundert es auch nicht, dass er den Ausfall des Moduls AE-35 vorhersagt. Eine Nachricht, die bei Frank und Dave Besorgnis verursacht. Nach eingehender Untersuchung der Systeme des Schiffs lässt sich ein offensichtlicher Fehler nicht finden. Trotzdem beharrt "HAL 9000" auf die manuelle Reparatur von AE-35, die binnen Stunden ausfallen solle. Nach dem Okay der Mission Control ziehen sich Frank und Dave in die Raumgondel zurück - sie wollen nicht glauben, dass "HAL 9000" Recht hat. Um ein Mitwissen ihres digitalen Führers zu verhindern, trennen sie die Audio-Funktion der Gondel. Sie wollen ihn übergehen. Ohne zu wissen, dass "HAL 9000" über erweiterte Funktionen wie Lippenlesen verfügt, macht sich Frank an die scheinbare Reparatur von AE-35. "HAL 9000" kann dies nicht zulassen und schleudert Frank beim Verlassen der Gondel in die Weiten des Alls. Auch Dave kann ihn nicht mehr retten, denn nun ist selbst er in Gefahr, weil "HAL 9000" ihn am Betreten der "Discovery" hindern will.

"Dave, dieses Gespräch führt zu nichts. Lebe wohl." äußert dieser kühl und berechnend. Dave schafft es schließlich doch, sich durch die Notschleuse Zugang zum Schiff zu verschaffen. In den folgenden Szenen versucht "HAL 9000" sich durch Mitleid seiner Abschaltung zu entziehen. "Mit mir kommt wieder alles in Ordnung. Ich verspreche es...bitte...Dave…" "HAL 9000" versucht es immer und immer wieder durch diese emotionale Ebene. Doch er verliert diesen Kampf Stück für Stück, da sein Speicher immer mehr von Dave dezimiert wird. Seine letzte Bitte - das Lied "Hänschen klein" - erfüllt ihm Dave. Eine weitere Metapher: "Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein" - eine Assoziation auf die augenblickliche Situation Bowmans. Als einziger Mensch in den Weiten des Alls - allein Richtung Jupiter.


4. Intermission

Der Bildschirm ist für zwei Minuten in Schwarz getaucht. Dazu Musik von György Ligeti.


5. Jupiter And Beyond the Infinite - Jupiter und dahinter die Unendlichkeit

In den nun folgenden Szenen ist Bowman ganz auf sich allein gestellt. Es sind die rätselhaftesten und auf den ersten Blick am schwersten zu verstehenden Sequenzen. Dave trifft im Orbit des Jupiters auf einen weiteren, viel größeren Monolithen - diesmal scheinbar im Raum schwebend. Er benutzt eine Raumgondel, um ihn näher zu untersuchen und wird so in eine Art Wurmloch - die Interpretationen können von nun an in wirklich alle Richtungen gehen - gezogen. Bowman begibt sich vorbei an Galaxien und anderen Welten; immer und immer weiter in die Weiten des Alls. Hier kann wahrlich von einem ultimativen Trip gesprochen werden. Die Reise endet jedoch, als sich Dave in einem Barock anmutenden Raum wieder findet. Eben noch im Raumanzug, sieht er sich plötzlich als alternden Mann wieder - von Szene zu Szene.

Irgendwann isst er etwas; greift zu einem Glas. Dieses fällt jedoch durch seinen Fehler auf den Boden und zerbricht. Er ist ein Symbol für die immer noch vorhandene Fehleranfälligkeit des Menschen - auch in seiner höchsten Evolutionsstufe. Gleichzeitig ist dieses Glas jedoch auch die Zukunft Bowmans: Er altert zunehmend schneller und liegt schließlich in einem Bett. Sterbend und Kräfte zehrend hebt er seinen gebrechlichen Arm Richtung Monolith. Erreichen wird er ihn jedoch nie - der Monolith erreicht ihn und bringt ihn auf eine höhere Existenzstufe: Er wird als Sternenkind wiedergeboren. "Also sprach Zarathustra".


So oder so ähnlich könnten die Interpretationen zu "2001" aussehen, wobei diese die Gängigsten und Interessantesten sind. Wie gesagt: Der Film wurde extrem offen und freizügig gedreht. Gedreht in einer Zeit, die von technologischen Errungenschaften geprägt war (man denke nur an die erste bemannte Mondlandung 1969). So wundert es auch nicht, dass "2001" mit höchst zwiespältigen Reaktionen aufgenommen wurde - heute wie damals. Bereiche von "sehr gut" bis "schlechtester Film aller Zeiten" wurden ausgiebig bedient. Fakt ist aber auch nach mehr als 30 Jahren eines: Er ist und bleibt ein Klassiker. In Sachen Tricktechnik und Musikuntermalung war er damals, wie auch heute noch, wegweisend und seiner Zeit weit voraus. Auch die auf den ersten Blick äußerst mager erscheinende Story ist weit mehr als das. Sie fordert den Zuschauer. Schafft dieser es nicht, schläft er entweder ein oder schaltet resigniert ab.

Wenn man diese Aspekte betrachtet, so ist "2001" der ultimative Science-Fiction-Film der modernen Filmgeschichte und eine großartige Hinterlassenschaft eines großen Regisseurs. Der Film kann, wie schon gesagt, auf großartige, vollkommen realistische Raumschiff- und Weltalldarstellungen setzen, welche als neuer Standard galten. Musikstücke von Strauss, Ligeti und das allbekannte "Also sprach Zarathustra" sind absolut einzigartig. Der besagte Schlusspart entzieht sich jeglicher Erklärungsversuche. Jeder kann sich seine eigene Endgeschichte daraus extrahieren. Dies war der zentrale Wunsch Stanley Kubricks und Arthur C. Clarkes. Rätsel wie der Monolith und "HAL 9000" (nimmt man jeweils den nächsten Buchstaben des Alphabets, so wird aus HAL IBM - seltsam) werden wohl immer ein solches bleiben. Und der besagte Quader soll laut Arthur C. Clarke eher ein Werkzeug zur Vermittlung von Intelligenz sein. Wer ihn geschaffen hat, ist völlig unklar - so Clarke in seinem Roman "2061-Odyssee 3".

An dieser Stelle erspare ich mir weitere Interpretationen, falls Sie nicht schon aufgehört haben, zu lesen. Abschließend bleibt noch zu sagen, dass der Film aus heutiger Sicht häufig missverstanden wird, nicht zu funktionieren scheint und immer noch als unsagbar schlecht abgetan wird - dies gilt als akzeptiert. Er war und ist eines: umstritten. Das ist Science-Fiction.

Fazit: Der Klassiker der modernen Science-Fiction, der nie wirklich verstanden wurde.



Note: 1-



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